Æthelread II „Unread“

Æthelread II, „The Unread“ (*ca. 968 +23.4.1016, r. 978-1013, 1014-1016) war wirklich der Versager unter den angelsächsischen Königen, auch wenn dies hart klingt. Sein Namensanhängsel „Unread“ (und nicht „unready“, wie er in Publikationen auch genannt wird!) bedeutet übrigens „der schlecht Beratene“ und genau dies war er. Es begann schon mit seiner Thronbesteigung, denn seine Mutter liess den echten Thronfolger, seinen Stiefbruder Edward II „the Martyr“, hinterrücks ermorden (im März 978, auf Corfe Castle). Dies natürlich, um vorerst selber regieren zu können, denn der junge Æthelread war damals erst zehn Jahre alt. Seine Berater waren eben seine Mutter und dazu einige Bischöfe und Äbte.
Er machte viele Fehler, die wesentlichsten drei waren folgende:

  • Er bekämpfte die Wikinger nicht, sondern er bezahlte sie dafür, dass sie nicht angreifen würden. Damit ist er der Erfinder des „Danegeldes“, was man heute auch „Schutzgeld“ nennen würde. Erschienen die Wikinger an den Küsten, so verhandelte er mit ihnen über eine Zahlung in Silber damit sie nicht angreifen würden. Dies wurde mit einem Vertrag besiegelt und viele (Gewichts-) Pfunde Silber wechselten den Besitzer. Es versteht sich fast von selbst, dass die Nordmänner, vielleicht unter einem anderen Anführer, im nächsten Jahr wieder kamen und erneut entschädigt werden wollten. Historiker haben aufgrund der Angelsächsischen Chroniken errechnet, dass in der Regierungszeit von Æthelread 100’000 Pfund (Gewicht) Silber an die Wikinger bezahlt wurden, also ca. 50 Tonnen.
    So steht z.B. in den Chroniken für das Jahr 991:
    A.D. 991: This year was Ipswich plundered and very soon afterwards was Alderman Britnoth slain at Maldon. In this same year it was resolved that tribute should be given for the first time to the danes for the great terror they occasioned by the sea-coast. That was first 10’000 pounds. The first who advised this measure was Archbishop Siric.
    Man fand denn auch an verschiedenen Fundstellen in Skandinavien tausende von  angelsächsischen Silbermünzen, die aus jenen Zeiten stammen.

  • Er heiratete im Jahre 1002 in zweiter Ehe Emma von der Normandie, die damals fünfzehn Jahre alt war. Emma war eine Tochter von Richard I, Herzog der Normandie, genannt „Sans Peur“ (der Furchtlose) und war die weibliche Schlüsselfigur des Wikinger-Zeitalters. Sie war in ihrem Leben zweimal Königin von England (später heiratete sie Knut den Grossen) und doppelte Königsmutter. Æthelread heiratete sie, weil er dadurch die Normannen (Nachfahren von Wikingern) durch die neue Verwandtschaft besänftigen und vom Plündern abhalten wollte. Diese Verbindung führte aber dazu, dass der normannische Einfluss auf sein Land immer stärker wurde, holte doch Emma zahlreiche normannische Adelige, Berater und vor allem Bischöfe ins Land. Damit hatte Æthelread also nicht nur die Bedrohung der vorwiegend dänischen Wikinger aus dem Danelag, sondern auch den normannischen Einfluss in den eigenen Reihen, was sich bis zur normannischen Eroberung ab dem Jahre 1066 auswirken sollte.
  • St. Brice’s Day Massacre
    Die Angelsächsischen Chroniken berichten:
    A.D. 1002:  . . . . and also in the same year the king gave an order to slay all the Danes that were in England. This was accordingly done on the mass-day of St.Brice, because it was told the king, that they would beshrew him of his life and afterwards all his counsil and then have his kingdom without any resistance.
    Æthelread soll also den Befehl gegeben haben, die dänischstämmigen Bewohner seines Landes am Festtag des Hl. Brictius (=13.11.) niederzumetzeln. Es sollen dabei Tausende von Dänen umgebracht worden sein, so steht es in vielen Geschichtsbüchern. In dieser krassen Auswirkung kann ich dies allerdings nicht glauben. Wie soll der König im Mittelalter einen solchen Auftrag auf einen bestimmten Tag befehlen können? Er hätte Tage, ja Wochen zuvor seine Anweisungen verbreiten müssen. Im Jahr 1002 waren die Dänen aber  schon mindestens drei Generationen im Land und einige hatten, z.B. durch Heirat, auch schon Positionen, denen eine solche königliche Order nicht entgangen wäre. Aber einige Gemetzel haben sicher stattgefunden, das bekannte Gemetzel in der St. Frides Kirche in Oxford zum Beispiel ist archäologisch belegt.

Ich glaube deshalb, dass dieses Massaker übertrieben dargestellt wird und höchstens einige Hundert Dänen massakriert wurden (was ich überhaupt nicht kleinreden will). Denn immerhin: Unter den getöteten Dänen soll auch eine Schwester des Dänenkönigs Sven Gabelbarts mit ihren Kindern gewesen sein, was diesem später einen Grund für verstärkte Überfälle gegeben haben soll.

Fazit:
Æthelread agierte in seiner sehr langen Regierungszeit mit der Bedrohung durch die dänischen Wikinger unglücklich und seine Aktionen legten sozusagen den Grundstein für die normannische Eroberung.

Emma Norma

aus „Encomium Emmae Regina (Lobrede Emma’s)
einer Schrift aus dem 11. Jhdt., heute in British Library, London
Bild gemeinfrei aus „Wikipedia“